Donnerstag, 24 Juli 2025 13:03

Ein Jahr ohne die Blaue Moschee

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Freitagsgebet auf dem Gehweg. Freitagsgebet auf dem Gehweg. Foto: pixabay

Vor genau zwölf Monaten wurde die Imam-Ali-Moschee an der Außenalster geschlossen. Das Bundesinnenministerium hatte dem Trägerverein Islamisches Zentrum Hamburg (IZH) wegen seiner Nähe zum iranischen Regime die Tätigkeit untersagt. Seither betet die Gemeinde freitags unter freiem Himmel. Die Zukunft des sakralen Baus bleibt ungewiss. Über 600 Menschen nahmen zuletzt an einer Demonstration für seine Wiedereröffnung teil.

Inhaltsverzeichnis:

Freitagsgebete auf dem Bürgersteig an der Alster

Jeden Freitag versammeln sich etwa 100 Gläubige in Hamburg zum Gebet vor der geschlossenen Imam-Ali-Moschee. Die Szene wiederholt sich seit Juli 2024: Muslime rollen ihre Teppiche auf einer blauen Plane aus, mitten auf dem Bürgersteig. Ihre Schuhe ziehen sie aus, wie es in Moscheen üblich ist. Männer beten vorn, Frauen hinten.

Christian Sandow, Mitglied der Gemeinde seit 17 Jahren, ist fast immer dabei. Er beschreibt die Situation als unwürdig. Zwischen Verkehr, Hundekot und ohne Wetterschutz werde gebetet. Immer wieder kommt es zu rassistischen Zwischenfällen – besonders Frauen seien betroffen.

Kurz nach der Schließung gründete Sandow das Aktionskomitee zur Wiedereröffnung der Imam-Ali-Moschee. Am Wochenende organisierte er eine Großdemonstration. Etwa 600 Personen nahmen teil. Eine schnelle Lösung zeichnet sich trotzdem nicht ab.

Verbot des Islamischen Zentrums Hamburg durch das Innenministerium

Am 6. Juli 2024 verbot das Bundesinnenministerium unter Nancy Faeser (SPD) das IZH, das Träger der Blauen Moschee war. Grund dafür war die Nähe zur iranischen Regierung. Das IZH habe gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung verstoßen, antisemitische Hetze verbreitet und Terrororganisationen unterstützt. Namentlich wurden die Hamas und die Hisbollah genannt. Der damalige Leiter des IZH musste Deutschland verlassen.

Die Gebäudeanlage darf seither nicht betreten werden. Das IZH klagte gegen das Verbot. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig prüft derzeit die Rechtmäßigkeit. Eine Entscheidung wird frühestens Ende 2025 erwartet. Die Stadt Hamburg hält sich zurück und verweist auf das laufende Verfahren.

Stadt Hamburg plant keine Rückgabe an den Verein

Laut Innenbehörde will Hamburg die Imam-Ali-Moschee dauerhaft behalten, aber auch für die persische Gemeinschaft zugänglich machen. Innensenator Andy Grote (SPD) schlägt vor, neben einer Moschee auch ein Kulturzentrum einzurichten. Ziel sei eine klare Abgrenzung von extremistischen Einflüssen.

Die Gemeinde ist gespalten. Für Christian Sandow steht fest: „Die Moschee ist ein geweihtes Gotteshaus und muss als solches erhalten bleiben.“ Sie diene nicht nur für Gebete, sondern auch für Hochzeiten, Trauerfeiern und das soziale Leben. Viele verstehen das Verbot nicht, da die Gemeinde mittlerweile sehr heterogen sei.

Heute besteht sie nicht nur aus Iranern. Auch Türken, Libanesen, Afghanen und Deutsche gehören dazu. Sandow fordert Selbstverwaltung durch einen neuen, deutschen Verein. Wichtig sei für ihn, dass Gespräche mit der Stadt aufgenommen werden. Angebote habe es mehrfach gegeben.

Schura fordert Neuanfang ohne Einfluss aus dem Iran

Fatih Yildiz, Vorsitzender des Schura-Rats der islamischen Gemeinschaften Hamburgs, unterstützt die Idee einer religiösen Weiternutzung. Zwei schiitische Gruppen hätten bereits Interesse an einer neuen Trägerschaft bekundet. Man prüfe derzeit deren Konzepte.

Yildiz macht klar: Ohne Abgrenzung vom iranischen Regime ist kein Neuanfang möglich. Die Moschee dürfe nicht wieder unter ausländischen Einfluss geraten. Eine Beteiligung der Religionsgemeinschaften sei essenziell. Er spricht sich gegen eine alleinige Entscheidung der Innenbehörde aus.

Im Oktober plant Schura ein öffentliches Treffen mit Politik, Gemeindevertretern und Kritikern. Ziel ist eine transparente Lösung für die Blaue Moschee. Auch säkulare Gruppen wie der Verein Säkularer Islam Hamburg fordern ein interreligiöses Kulturzentrum im Gebäude.

Verfall des Gebäudes schreitet voran

Während über die Zukunft diskutiert wird, verfällt die Moschee zusehends. Eine große Kachel an der Fassade fiel kürzlich heraus. Für den Erhalt ist derzeit das Bundesinnenministerium verantwortlich. Dieses erklärt, es behandele das Gebäude mit der nötigen Sorgfalt. Eine dauerhafte Verantwortung wird dort jedoch nicht gesehen.

Falls das Verbot des IZH rechtskräftig wird, ist folgendes Szenario wahrscheinlich:

  1. Der Bund überträgt das Gelände an die Stadt Hamburg.
  2. Die Stadt vermietet oder verpachtet das Areal neu.
  3. Eine Nutzung als religiöses Zentrum oder Kulturort wird lokal entschieden.

Bis dahin bleibt die Imam-Ali-Moschee geschlossen. Die Freitagsgebete finden weiterhin unter freiem Himmel statt – mit Plane, Teppichen und viel Geduld. Doch die Gemeinde hofft auf Rückkehr in ihr Gotteshaus.

Quelle: NDR, www.globewings.net/de